Eine Transplantation ist eine sehr komplexe und umfangreiche Aufgabe. Aufgrund der Fähigkeit des menschlichen Immunsystems fremde Gewebe zu erkennen und abzustoßen müssen viele Vorbereitungen und Vorkehrungen getroffen werden bevor ein Organ oder Gewebe übertragen wird.
Das Immunsystem des Menschen kann sehr gut zwischen „selbst“ und „fremd“ unterscheiden und greift eigene Körperzellen und Organe nur bei Autoimmunerkrankungen, also Erkrankungen des Immunsystems selbst, an. Während der Entwicklung im Mutterleib, lernt das Immunsystem welche Zellen und Organsysteme dem Organismus zugehörig sind. Alles andere wird von verschiedenen Zellen als fremd erkannt und muss eliminiert werden. Wenn jedoch ein Spenderorgan oder Gewebe transplantiert wird, kämpfen die menschlichen Immunzellen des Empfängers deswegen gegen den vermeintlichen Eindringling an. Diese Abwehr schützt uns im Normalfall vor Krankheiten und ist lebensnotwendig, bei Transplantation jedoch führt genau dieser Mechanismus zu Problemen.
Vor jeder Transplantation müssen Spender und Empfänger gründlich untersucht und getestet werden, ob ihre Blutgruppen und Zellmerkmale übereinstimmen. Je besser die Übereinstimmung ist, desto Erfolg versprechender ist die Transplantation.
HLA-System
Jeder Mensch trägt auf seinen Zellen seine ganz individuellen Erkennungsmerkmale, das so genannte HLA – System. HLA steht für human leucocyte antigen oder auf deutsch menschliches Leukozytenantigen. Es handelt sich um vererbbare Gewebemerkmale, die erstmals auf Zellen des Blutes entdeckt wurden. Heute ist bekannt, dass sie auf fast allen Körperzellen vorkommen. Diese HLA-Merkmale sind hochvariable Proteine die als eine Art Flagge auf der Zelloberfläche präsentiert werden und eine Zelle als zum Organismus zugehörig ausweisen (selbst). Je ein Satz HLA kodierende Gene werden von Vater und Mutter vererbt, weswegen sie bei jedem Menschen ganz individuell zusammengesetzt sind. Die Informationen, wie diese Ketten zusammengesetzt werden, sind in einer bestimmten Region des Chromosoms 6 enthalten. Dort unterscheidet man diese noch mal in 3 verschiedene Abschnitte. Diese drei verschiedenen Klassen (Klasse I, Klasse II, Klasse III) von HLA-Merkmalen, haben auch unterschiedliche Relevanz bei Organtransplantationen.
Die Variabilität der einzelnen HLA Klassen aber auch deren Kombination durch Vererbung führt zu einer immensen Vielfalt an Kombinationsmöglichkeiten. Nach derzeitigem Kenntnisstand können 50 Millionen Kombinationsmöglichkeiten erzeugt werden und es ist somit sehr unwahrscheinlich, dass zwei Menschen dieselben HLA-Merkmale aufweisen, mit Ausnahme eineiiger Zwillinge, deren HLA Moleküle identisch sind.
Durch molekularbiologische Methoden lassen sich heutzutage die HLA-Kombinationen eines jeden Spenders sehr genau bestimmen. Vor allem bei Blutstammzellspenden ist es von immenser Wichtigkeit, dass die HLA-Merkmale so identisch wie möglich sind um Abstoßungsreaktionen weitgehend zu vermeiden. Während bei einer Leber- oder einer Lungentransplantation nicht auf die Übereinstimmung der HLA-Merkmale geachtet werden muss, ist es auch bei einer Nierentransplantation sehr wichtig, einen möglichst gut passenden Empfänger für eine Spenderniere zu finden.