Ein Forschungsteam der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin, ein Leibniz Institut, hat einen bisher unbekannten Genbereich entdeckt, der für die Regulation der körpereigenen Virusabwehr entscheidend ist, vermutlich aber auch eine große Bedeutung für Autoimmunerkrankungen hat. Diese Daten wurden nun im renommierten Wissenschaftsjournal Nature Immunology veröffentlicht.
Um effektiv Viren und Krebszellen zu bekämpfen, sind Zellen der Typ-1 Immunantwort, wie zytotoxische T-Zellen oder T-Helfer-1 Zellen, essenziell. Allerdings verstärken diese Zellen auch viele Autoimmunerkrankungen. Dagegen sind Typ-2 Immunantworten für die Abwehr von Parasiten und für Heilungsprozesse von Wunden zuständig, aber sie können auch Allergien fördern. Die Zellen der Typ-1 und Typ-2 Immunantworten brauchen körpereigene Alarmsignale, um aktiviert zu werden. Ein Beispiel für ein solches Alarmsignal ist Interleukin-33, das von absterbenden Zellen, etwa bei Infektionen, freigesetzt wird. Bisher war unklar, wie die Wahrnehmung von Interleukin-33 Alarminsignalen in Typ-1 Immunzellen reguliert wird.
Das Forschungsteam von Prof. Max Löhning hat nun einen bisher unbekannten regulatorischen Genbereich identifiziert. Dieser steuert die Produktion des Rezeptors für Interleukin-33 speziell in Zellen der Typ-1 Immunantwort. Anders als in Typ-2 Immunzellen, die Interleukin-33 Signale kontinuierlich wahrnehmen können, ermöglicht dieser Genbereich, dass Typ-1 Immunzellen nur vorübergehend im akuten Notfall, z.B. einer Virusinfektion, auf Alarmsignale reagieren. Dr. Tobias Brunner und Sebastian Serve, Erstautoren der Studie, vermuten: „Diese evolutionär konservierte, zelltyp-spezifische Regulation des Interleukin-33 Rezeptors ist wahrscheinlich notwendig, um zu verhindern, dass Typ-1 Immunzellen unnötig aktiviert werden und dann ungewollte Entzündungen und Autoimmunerkrankungen verursachen“.
Das Forschungsteam nutzte die CRISPR/Cas9 Genschere, um den neu identifizierten Genbereich aus dem Mauserbgut herauszuschneiden. Typ-1 Immunzellen dieser Mäuse konnten daraufhin Interleukin-33 Alarmsignale nicht mehr gut wahrnehmen, was die T-Zellantwort gegen Viren extrem schwächte. Typ-2 Immunzellen blieben dagegen unbeeinträchtigt.
Max Löhning und Tobias Brunner, Leiter der Studie, betonen: „Die Entdeckung dieses genetischen Schalters eröffnet neue therapeutische Möglichkeiten zur gezielten Beeinflussung der Aktivität von entweder Typ-1 oder Typ-2 Immunantworten, ohne die andere Form der Immunantwort gleichzeitig zu schwächen. Dies könnte helfen, maßgeschneiderte Behandlungen von ungewollten Entzündungsreaktionen zu entwickeln, wie sie etwa bei Allergien oder Autoimmunerkrankungen vorliegen“.
Das DRFZ ist ein Institut der Leibniz Gemeinschaft. Es untersucht mit grundlagenwissenschaftlichen und epidemiologischen Methoden die Entstehungsbedingungen und Folgen rheumatischer und muskuloskelettaler Erkrankungen. Ziel ist die Entwicklung von neuen und personalisierten, bestenfalls kurativen Therapien und ihre schnelle Übersetzung in den klinischen Alltag. Das DRFZ zeichnen seine enge Anbindung an die klinische Forschung der Charité, eine Vielzahl an drittmittelgeförderten Projekten und zahlreiche nationale und internationale Forschungskooperationen aus. Seit seiner Gründung im Jahr 1988 arbeitet hier ein internationales Team aus Grundlagenforscher:innen der Bereiche Biologie, Biochemie, Mathematik, Physik, Biotechnologie, Chemie, Tiermedizin, Statistik, Soziologie und Dokumentation, Ärzt:innen und Epidemiolog:innen zusammen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Univ.-Prof. Dr. Max Löhning
Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
und
Pitzer-Labor Arthroseforschung
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Originalpublikation:
doi.org/10.1038/s41590-023-01697-6
Quelle: Pressemitteilung Deutsches Rheuma-Forschungszentrum Berlin, ein Leibniz-Institut 01/2024