Fünf bis zehn Prozent aller Corona-Infizierten in Deutschland leiden heute unter einem Long/Post-Covid-Syndrom. Die Betroffenen leiden unter anhaltendem Husten, Atemnot und sind oft erschöpft. Häufig treten auch Kreislauf-, Denk-, Schlaf- und Konzentrationsschwierigkeiten auf, verbunden mit Stimmungsschwankungen. Noch ist weitgehend unbekannt, wie es zu diesen Symptomen kommt, Medikamente gegen das Long/Post-Covid-Syndrom gibt es noch nicht. Hilfe bietet jetzt eine aktualisierte Patientenleitlinie, die sich gezielt an Betroffene, Angehörige und Pflegende richtet.
Wir beantworten mit dieser Arbeit in verständlicher Sprache die wichtigsten Fragen zu den wesentlichen Beschwerden, ihren potenziellen Ursachen und den möglichen Therapieansätzen. Unser Ziel ist, den Behandlungsprozess deutlich zu verbessern“, sagt Dr. Christian Gogoll (Foto), Koordinator der Patientenleitlinie unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP).
Die jetzt neu publizierte Arbeit beantwortet die 50 wichtigsten Fragen rund um das Long-/Post-Covid-Syndrom. Erst einmal grundsätzlich: Wer bekommt Post-Covid? Wie lange halten die Symptome an? Kann eine Impfung das Syndrom verschlechtern? Mit welchen Beschwerden muss ich erstmal zum Hausarzt? Wann sollte anschließend eine Post-Covid-Ambulanz hinzugezogen werden? Gibt es besondere Medikamente? Daneben gibt es Antworten auf dringende Fragen zur fehlenden Belastbarkeit und Erschöpfung sowie Atemnot – aber auch Themengebiete wie Riech- und Schmeckstörungen, Herzerkrankungen, belastende Schmerzen, Augenprobleme und Haarausfall werden beleuchtet. Unter den 32 Autoren sind Ärzte sowie Therapeuten und zum Teil selbst betroffene Erwachsene sowie Eltern von betroffenen Kindern und Jugendlichen. Unterstützt wird die Leitlinienarbeit von 25 medizinischen Fachgesellschaften und vier Betroffenenorganisationen.
Auch Kinder betroffen – Symptome können in Eigenübung gebessert werden
Betroffen von Long/Post-Covid sind nach aktuellen Erkenntnissen überwiegend junge Erwachsene – Frauen etwas häufiger als Männer. Es können jedoch auch Kinder und ältere Erwachsene erkranken. „Wenn Beschwerden nach überstandener Covid-19-Erkrankung anhalten oder neu auftreten, sollte unbedingt der eigene Hausarzt oder die Hausärztin für eine erste Einschätzung hinzugezogen werden. Keiner sollte sich scheuen, anschließend auch einen spezialisierten Facharzt aufzusuchen“, rät Gogoll, Pneumologe an der Evangelischen Lungenklinik in Berlin-Buch. Die gute Nachricht ist: Symptome des Post-Covid-Syndroms können bei einem Großteil der Erkrankten behandelt und gebessert werden. „So sorgt eine ausreichende Bewegung, auch in Eigenübungen, für Schmerzlinderung, Verringerung von Atemnot, Förderung der Herzgesundheit, Reduktion von Angst, Depressivität und Stress“, sagt der Mediziner. Dabei gehe es bei der Bewegung vor allem um körperliche Aktivität im Alltag. „Betroffene müssen dabei austesten, wie viel Aktivität gerade noch gut ist, um sich nicht zu überfordern. Eine Herausforderung wird sein, die eigenen Grenzen zu akzeptieren.“ Auch ambulante Physio- und Ergotherapie seien oft wirksam. Hier berät die Hausarztpraxis, von der die Therapien auch verordnet werden können. „In der Therapie geht es darum, dass Symptome gebessert oder zumindest so eingestellt werden, dass eine bestmögliche Lebensqualität erreicht wird.“ So können beispielsweise auch Singen und eine regelmäßige Stimmhygiene helfen.
Hilfe bei der Suche nach Ärzten, Selbsthilfegruppen und Übungsanleitungen
Die Leitlinie erklärt Betroffenen nicht nur, wie Physio- und Ergotherapie helfen können, sondern gibt auch konkrete Ernährungsempfehlungen. Dazu werden Details zum Stoffwechsel erläutert, es geht um Spurenelemente, Vitamine und Hormone. Tipps gibt es zudem für die Suche nach einer passenden Selbsthilfegruppe oder eines passenden Mediziners, der sich mit dem Post-Covid-Syndrom gut auskennt. Aufgezeigt wird auch, wo es noch weiterführende Informationsmaterialien und Übungsanleitungen für die Therapie gibt. Schlussendlich geht es natürlich darum, einen Weg zurückzufinden – zurück zur körperlichen Gesundheit, zurück zum Sport, zurück zur Schule, zur Arbeit, zurück zu einer besseren Lebensqualität. Die Schritte dahin werden in der Leitlinie beleuchtet. „Insgesamt ist es uns gelungen, mit dieser Arbeit einen umfangreichen Werkzeugkasten zur Behandlung des Post-Covid-Syndroms zusammenzustellen, der von Betroffenen ganz einfach angewendet werden kann. Zudem werden wir die Leitlinie bei neuen Erkenntnissen ständig erweitern“, erklärt Gogoll.
In verständlicher Sprache: Die Patientenleitlinie „Long/Post-Covid-Syndrom“ für Betroffene, Angehörige und Pflegende.
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) 02/2023